Morcheltreffen 2005 - 4

1. Mai vormittag Auf allgemeinen Wunsch wird länger  geschlafen. Klar, erstens ist es Sonntag, zweitens kommt Bettina um 10:20 Uhr mit dem Zug  an, also ist vormittags keine Exkursion geplant. Natschi und ich machen nach dem Aufstehen gemütlich Frühstück, schon bald kommt Uschi und in  ihrem Schlepptau Ilse und Iris. Auch Sonja ist mit dabei, allerdings schon fertig für die Abreise, denn sie hat heute Geburtstag und den  möchte sie Abends im Kreise ihrer Lieben verbringen. Wir singen ihr ein  Happybirthday. Aus dem Sektfrühstück wird nichts, da sie gleich losdüsen möchte, also bekommt sie den Sekt mit. Dazu ein Glas  getrockneter Morcheln, so wie es auf den Treffen üblich ist.  Kurz nach 10 Uhr mache ich mich fertig um Bettina zu holen. Aus Platzmangel für alle fährt nur Uschi mit zum  Bahnhof, die anderen lassen sich auf der Terrasse von der  Frühlingssonne verwöhnen. Hundertfünfzig Meter weit fahren wir, Uschi und ich:

 MORCHELN!!!!!!!! DA SIND MORCHELN!!!!!!!!

Das Wort Morcheln, oder ein Bild von Morcheln ist für  mich immer ein Grund zu einer Vollbremsung. Nur eine Mikrosekunde brauche ich, um im Rückspiegel zu sehen, dass kein weiterer Verkehrsteilnehmer hinter mir ist. Bevor das Auto anhält, ist Uschi schon  ausgestiegen. Da stehen sie: Rindenmulchmorcheln in einem Vorgarten,  keine 200 Meter von mir zuhause weg! Das dickste Exemplar steht  verheißungsvoll gleich an der vordersten Ecke, Uschi ist schon am Ernten. Ich weiß genau wie es in ihrem Pilzherzen aussieht, ein Glücksgefühl überschwemmt alle Nervenenden, das Blut saust wie toll  durch die Adern, die Pupillen weiten sich und in den Knien beginnt ein  leichtes Zittern. Ein Hauptgewinn im Lotto könnte keinen größeren Krater in der Seele hinterlassen.

Leider haben wir keine Zeit diesen Moment weiter auszukosten, Bettinas Zug ist am Anrollen und wir brauchen noch 5  Minuten bis zum Bahnhof. Schweren Herzens reißt sich Uschi los. Keinen Fotoapparat habe ich dabei, wie hätte ich auch mit einem solchen Erlebnis rechnen können?  Zwei Sekunden stehen wir auf dem Bahndamm, dann fährt der Zug ein, Uschi winkt mit der dicken Morchel. Wir umarmen Bettina, sogleich überfallen wir sie mit Morchelfund und etlichen Begebenheiten des Treffens; die arme Frau, nach 12 Stunden Zugfahrt so ein verbaler überfall!

Gleich auf dem Rückweg muss Bettina die  Morchelfundstelle begutachten, nun sehen wir, dass die Morcheln auch  hinter der kleinen Hecke wachsen, der Garten wurde offensichtlich letztes Jahr ganz neu angelegt. Ich verbiete Uschi weiter vorzudringen,  es gibt bei mir daheim noch einige Leute, die das auch sehen wollen und wir sind ja gleich wieder da, mit allen anderen! Die "anderen" sitzen bereits auf der Terrasse.  Karen, Peter, Sonja, Iris, Ilse, Natschi, Joachim begrüßen Bettina, dann legt Uschi ihre Morchelbeute  wortlos auf den Tisch.  

"Morcheln......,ja wo kommen denn die her?"  Bettina versucht noch zu sagen, dass sie sie unterwegs aus dem Zug heraus geerntet hätte, aber das geht unter. Nun ist Uschi an der Reihe zu erzählen: "Gleich da unten aus einem Garten!"

Nachdem alle wissen, wo es solche Schätze gibt, tippe  ich auf etwa 30 Sekunden, dann sind wir marschbereit. Schnellstens  muss ich alle Türen  schließen, denn der ganze Haufen stürmt  davon, allen voran Uschi, logo, schließlich ist das ihr Glücksfund. Nur Peter konnte noch schnell seine Kamera mitnehmen, meine ist in der Aufregung zurückgeblieben.

Auf der Terrasse des Hauses zu dem der Garten gehört, sitzen zwei Damen beim Sonntagmorgenplausch.

Artig fragen wir,  ob wir die Pilze aus dem Garten ernten dürften. "Was? Pilze wachsen da? Ja kennen sie die? Klar können sie die mitnehmen, ich esse  die eh nicht!"

Nachdem wir grünes Licht haben den Garten betreten zu dürfen, muss sich Peter sehr beeilen noch ein paar gute Bilder von  den Morcheln zu erhaschen, bevor die erntende Hand zuschlägt.

Sehr selbstzufrieden feiern wir unsere Morchelbeute, jetzt wissen alle, dass sie auf dem richtigen Treffen  sind. Ich zermartere mir den Kopf, wann die gewachsen sind, schon einige Male habe ich diesen Mulch vor ein paar Tagen begutachtet, da war nix! Das wird auch ein Geheimnis der Morcheln bleiben, warum sie ausgerechnet zur richtigen Zeit am richtigen Ort für uns Morchelverrückte in voller "Blüte" dastanden....

Viel Zeit zum Denken habe ich nicht, ich habe versprochen heute ein  Mittagessen zu kochen. Sämtliche Morcheln, die ich in diesem Jahr fand, warten in meinem Gefrierschrank darauf zu einer Morchelrahmsoße verzaubert zu werden. Hirschfilet habe ich für die Soße  vorverarbeitet. Mitten in meine Vorbereitungen platzt der Ruf von der  Terrasse: "Hansa kommt!" Ich flitze auf die Terrasse, ein dicker Mercedes parkt vor dem Haus. "Ach nee! Und ich im vollen  Kochstress." Ganz kurz fällt die Begrüßung aus, dann kehre ich  zu meinen Kochtöpfen zurück. Wir sind 10 Leute, mein größter  Kochtopf ist nachdem ich die 3 Becher Sahne eingerührt habe gut voll, allerdings habe ich den Eindruck einen Schluck Milch reingeschüttet zu haben. 3 Becher mehr, das wäre es gewesen! Die Essensmenge versuche ich  mit 1,5 kg Nudeln zu erhöhen! Die heute gefunden Morcheln will ich  nicht dazugeben, die müssen doch in das Trockengerät, damit auch alle einen kleinen Schatz mitnehmen können.

Karen geht mir kräftig zur Hand, sie räumt meine Schränke leer.  Sämtliche Teller und Besteck räumt sie aus. Meinen Kochtopf will ich nicht auf den Tisch stellen, also verteile ich das Essen auf die Teller, Karen serviert. Wie satt meine Gäste geworden sind, wage ich nach der Mahlzeit nicht zu fragen,  doch ein immerwährendes  hmmm, mmh beim Essen, sagt mir, dass es gut war!