Pilzjahr 2007

20. Januar 2007. Winter sollte es sein, aber ich habe noch keine Schneeflocke gesehen. Weder im Herbst 2006, noch in diesem Jahr. Es ist so mild, dass die Gartenprimeln den ganzen Herbst bis jetzt hindurch geblüht haben und jetzt neue Knospen entwickeln. Alle Frühjahrsblumen senden schon ihr Grün ans Licht, die Schneeglöckchen sind kurz vor dem Aufblühen. Nördlicher sieht es noch verrückter aus da verblühen die Schneeglöckchen bereits. Vor 14 Tagen war ich im Wald und habe nach Morcheln geguckt, der Waldboden sah nicht gut aus, herbstlich halt. Vor 10 Tagen hat einer ins Pilzforum Morcheln gestellt. Ganz offensichtlich welche vom Frühjahr 2006.

Das Wetter ist heute aprilartig, Sonne, Wind, blauer Himmel, ein bisschen Regen und dunkle Wolken wechseln sich ab. Ich sitze am PC, plötzlich lehnt sich die Sonne an die Fenster, es ist Frühling? Gestern entdeckte ich schon eine kleine lila Blüte des Blaukissen, das ist für mich ein Zeichen für Morcheln, später im Jahr natürlich. Ohne weiteres zu denken ziehe ich mich wetterfest an, packe Kamera, Messer und andere Sachen ein; ich muss in den Wald.

Unterwegs denke ich die Welt geht unter, aber es gibt nur einen geringen Regenschauer. Auf dem Weg zum Mochelplatz bleibt alles trocken. Meine erste Anlaufstelle ist die, von vor 14 Tagen. Man könnte meinen es regt sich im Boden was, eine einsame Huflattichblüte lächelt mich an. Sehr tief drücke ich meine Nase über alte braune Grasstengel, aber auch über frisches Grün, kleines frisches Grün. Mein Augenmerk gilt vor allem der Pestwurz, schieben die Knospen schon? So 2-3 Zentimeter kann ich entdecken, also winzig. Ich muss zum unteren Fleck gehen, der ist immer schon weiter im Wachstum. Es gibt sehr viel Windbruch, die Holzfäller waren schon fleißig. Überall liegen hohe Stapel von Baumstämmen, doch darüber sind schon wieder Bäume gefallen. Ich mag solche Sachen, kommen sie dem Morchelwachstum doch sehr entgegen. Holzspäne und Rinde, wenn die auf den richtigen Untergrund fallen, das kann eine Morchelexplosion verursachen, wenn ich da an Wiebke und Vivien denke, das waren tolle Morcheljahre! Der Weg zum zweiten Platz ist weich und matschig, der Boden ist nicht gefroren! 

 Holla! Das sieht gut aus. Da gibt es ja schon Pestwurz die ich ohne näheres Hinschauen als solche erkennen kann. Nun muss ich noch tiefer mit der Nase auf den Boden, da muss eine Morchel sein!        Schreck fährt mir in die Glieder! Da steht sie !

         Die Erste!

Wieviele Morcheln habe ich schon gefunden? 1994 im Mai habe ich aufgehört zu zählen, damals waren es 9418 Stück. 20.000? Möglicherweise ist es die! Kaum vorstellbar, dass ein solcher Fund einem die Knie so weich macht, als müsste man morgen zum Mond fliegen. Genaues Hinsehen lässt mich noch eine zweite entdecken. Leider muss ich die zwei kleinen Kerlchen ernten. Übermorgen soll es schneien, noch wichtiger, die brauchen ein Datum, denn der 20. Januar ist in Mitteleuropa keine Selbstverständlichkeit Morcheln zu finden. Lange klebe ich an dieser Stelle, ich bin mir sicher es gibt noch eine Morchel, denn ich werde wie von einem Magneten festgehalten.

Andere Sachen entdecke ich, die ich gerne mitnehme, denn die Fichtenzapfenrüblinge sind Frühlingspilze. Daneben wachsen die Trompetenschnitzlinge und Zinnoberrote Pustelpilze. Und was ist denn das auf den Pestwurzstängeln?

Daheim gehe ich mit mit meinem Fund zu meinem Sohn. Als ich wortlos in meinem Korb greife, zieht er sofort die Augenbrauen hoch. Als er die Morcheln sieht, sagt er nur: “ Und jetzt ins Internet damit.” “Logo!” grinse ich. Die heutige Zeitung brauche ich von ihm, dann wird gebastelt. Endlich liegen die Errungenschaften mit Datum und Kaufbeurer Wappen richtig. Sämtliche Bilder landen nach einer Stunde im Pilzforum.

       Heute bin ich Morchelkönigin!