Morcheltreffen 2008 - 2

1. Mai. Nach dem Frühstück treffen alle auf meiner Terrasse ein. Da wir fünf Frauen bereits sämtliche Morchelplätze abgegrast haben, gibt es nur die Möglichkeit wieder zur Wertach zu gehen. Dieses Gelände ist so groß, da findet sich immer was. Etliche der Morchelarten sind dort vertreten. Einige versteckte Speisemorcheln wandern in die Körbe und die Käppchenmorcheln haben wieder zugelegt. Ein besonders schöner Morchelbecherling wird entdeckt. An einen kleinen Kochtopf erinnert er, der darauf wartet gefüllt zu werden. Wir sausen keuz und quer, um selbst zu finden, oder Pilze zu bewundern, die sich ein besonders schönes Fleckchen ausgesucht haben.

 Ein: “Ja, da schau her!” lässt uns alle zu Christoph eilen. Während Christoph seine Fotoausstattung in Anschlag bringt, bewundern wir seinen Fund. Eine extra große Spitzmorchel steht im Gras. Da bekomme sogar ich große Augen. Spitzmorcheln sind hier sehr selten anzutreffen. Sie wachsen nicht alle Jahre. Christoph nimmt den Fund aus allen Richtungen im Stück und aufgeschnitten per Bild mit. Magdalene und Ilse haben inzwischen Käppchenmorcheln entdeckt. Sie stecken voll im Ernterausch. Uschi bringt rundkopfiges Morchelartiges. Eher Glockenverpeln? Oder noch was anderes? Daheim müssen wir das in der Pilzliteratur genauer untersuchen. Mein Erfolgserlebnis besteht aus einer so großen Spitzmorchel, dass ich sie vom Weg aus auf etwa 8 Meter im grünen Pflanzengewirr entdecke.

Nach dem Mittagessen verziehen sich einige zum Pilzeputzen auf die Terrasse. Christoph und ich haben sämtliche Pilzliteratur, die meine Regale hergeben zu durchforsten. Nein leider, ich habe nicht das Richtige, um diese rundköpfigen Morcheln zu bestimmen. Im Internet finden wir die Morcheltafeln von Boudier. Hier finden wir eine Mitropha fusca (Pers.) Ler , sie kommt dem Fund von Uschi sehr nahe. Es ist die einzige Morchel der dort Beschriebenen, die die kleine separate Kammer unter dem Hut hat. Zwar sind alle Exemplare ockergelb und wir haben auch eine braune Variante. Christoph meint, damit könne man leben. Pilzbücher, die ich innerhalb 30 Jahre geschrieben habe ziehe ich zu Rate. Im Jahr 1989 wird es interessant. In diesem Jahr gaben die Auwälder an der Wertach weit über tausend dieser “Käppchenmorcheln” her. Schon damals war ich überzeugt, dass das keine “Käppis” sind.

Außerdem fand ich im Jahr 1989 die Morchella alba. Auch sie musste ich für den Verbreitungsatlas der Großpilze als M. elata kartieren. Mehr Variationen gab die Eingabe per Diskette nicht her. 1989 war in meinen Breiten in punkto Morcheln eh das Größte. Leider war damals mein Wissen um die Vielfältigkeit der Morcheln gering. Vergleichsjahre hatte ich nicht.

Zurück zum Treffen. Karen und Peter kommen an, auch Andreas hat seine Arbeit im Stich gelassen um nach Kaufbeuren zu fahren. Den Neuankömmlingen muss ich sagen, dass das Kaufbeurer Morchelumfeld leider den Frühankömmlingen zum Opfer gefallen ist. Dafür verwöhne ich alle mit einem guten Morchelessen. Den Geschmacksnerv dürfte ich getroffen haben.

Ernsthaftes wird besprochen, Pilzfunde erörtet. Bald wird geflachst und gelacht. Langsam fällt der Alltagstress von den Besuchern. Und mit dem seelischen Hängenlassen macht sich Müdigkeit breit. Heute kommt mir das sehr gelegen.   Morgen früh will Christoph nach München fahren, in die Schule. Er muss pünktlich sein, hat er gesagt. Verstehe ich, schließlich ist er der Lehrer. Das heißt für mich sehr, sehr früh aufstehen.