Pilzsuche bei Basel

Ab Mitte Februar häufen sich in meiner Wohnung Gepäckstücke. Meine Gedanken sind voll auf Südafrika ausgerichtet. Von meiner Pilzfreundin Elisabeth bin ich eingeladen sie in ihrer neuen Heimat zu besuchen. Da erreicht mich aus der Schweiz ein mail: Hallo Elfi, die Märzellerlinge wachsen! Ruedi aus Basel schreibt das, wir haben schon oft über Pilze korrespondiert.

Er kennt meine HP, hier ist er über Google und Morcheln gelandet. So kamen wir auf Märzellerlinge, die ich seit Jahren suche, früher hatte ich einmal einen Wald voll von diesen Pilzen, aber leider bleibt das Wachstum seit Jahren aus. Nun ist es soweit, dass diese Pilze in Ruedis bekannten Wäldern wachsen und ich könne sie gerne bei einem Besuch in Basel begutachten. Es braucht ein paar Tage bis ich mich zu dieser Fahrt vor meiner großen Reise entschließe. Aber die Neugierde siegt. Also klingele ich am 1. März an der Tür von Ruedis Familie. Seine Frau Marianne und ein großer Hund begrüßen mich sehr herzlich. Ich werde wie eine alte Bekannte aufgenommen.

Gleich am Nachmittag sind Ruedi und ich trotz Regen pilzmäßig unterwegs. Oh, ja es gibt die erhofften Pilze in unglaublicher Menge. Sie lassen sich genau so schwer finden wie ich es aus früherer Zeit aus meinem Wald kenne. Ausgewachsene Exemplare können eben mit dem Boden sein, sehr gerne wachsen sie unterirdisch oder mit so viel Laub- und Nadelstreu bedeckt, dass man sie erst erahnen muss, bevor man sie sieht. Bald ist mein Blick wieder trainiert. Unsere Pilzkörbe werden immer voller und der Regen immer stärker. Ruedi findet die Menge nicht überwältigend, aber die permanenten Tropfen vom Himmel, von Bäumen und Sträuchern lassen uns den Wald verlassen. Wir füllen den Kofferraum von Ruedis Auto mit nassen Jacken und schmutzigen Stiefeln.                         Zuhause wird zum Abendessen ein wunderbares Fondue aufgefahren und danach geratscht. Bald landen wir beim Lieblingsthema: Morcheln. Das zieht sich neben dem Pilzeputzen durch bis dreiviertel zwei Uhr, dann beginnt Ruedi die Ellerlinge sauer einzulegen, auch in Olivenöl legt er sie ein, dafür müssen sie aber bis morgen abtrocknen, den Rest unserer Beute schneide ich zum Trocknen auf. Sehr spät, früh, geht es ins Bett.

Am nächsten Tag wollen wir es wissen, gibt es nun schon Morcheln oder nicht. Die Rundreise führt ins Rheintal und bis in den französischen Jura, aber nicht die kleinstes Morchel zeigt sich, mich beruhigt das ja. Will ich doch bald für vier Wochen wegfahren, die Morcheln sollen sich mit dem Wachsen Zeit lassen bis ich wieder daheim bin!

Hohe Berge überqueren wir und tiefe Schluchten suchen wir ab, Ergebnis, ein einsamer Zitterling.

Klar macht die Rumrennerei hungrig. Ruedi führt mich zu “seinem Italiener”. Es gibt einen riesigen Teller Pasta mit kalabrischen schwarzen Trüffeln, aufgepeppt mit Olivenöl, das mit weißer Trüffel aus Piemont gewürzt wurde. Das Öl hat der Patrone von Ruedi bekommen! Zum Abendessen stelle ich mir ein oder zwei Butterbrote vor, die Pasta hat recht satt gemacht. Marianne schneidet dazu eine riesige Seite geräucherten Alaskalachs auf. Erst wird mir ganz schwummerig, als ich die Menge Fisch sehe, dann probiere ich. Sämtliche Geschmacksnerven stehen stramm! Was ist das gut! Den Lachs hat Ruedi bei seiner letzten Reise selbst gefangen und geräuchert heim gebracht. Ich weiß nicht was ich bisher gegessen habe, wo Lachs draufstand, auf keinen Fall solch ein Geschmackserlebnis, langsam jeden Bissen genießend esse ich eine ganze Menge von Broten mit auf der Zunge schmelzendem höchstgenüsslichem Lachs, bis in mein Bäuchlein einfach nichts mehr reinpasst.

Da wir nun wissen, dass außer Märzelleringen keine Pilze zu holen sind, suchen wir Ruedis Pilzhang wieder auf. Etwas weiter links steigen wir die Anhöhe hinauf. Und dann gibt es Märzelleringe in Massen. Viermal so viele wie vorgestern, sie wachsen in dichtgedrängten Nestern und in Moos stemmenden Einzelexemplaren, eine wahre Pilzbonanza. Auf der Heimfahrt hat Ruedi einen sehr zufriedenen Gesichtsausdruck. Wir kaufen noch ein Kilo Kalbsbraten für Züricher Geschnetzeltes. Das gibt es zum Abendessen mit obligatorischem Rösti und Märzellerlingen in Sahnesoße. Jeder Winkel im Magen wird aufgefüllt.

Der Abend beschert uns ein Naturereignis der besonderen Art, eine totale Mondfinsternis. Bis halb 4 Uhr dauert das Spektakel. Ruedi und ich ratschen wieder bis in die Morgenstunden, er will mir unbedingt einreden, dass die Morcheln ab morgen wachsen und ich wehre mich dagegen, denn “meine” Morcheln warten ganz sicher mit dem Wachstum, bis ich von Südafrika zurück bin!

Morgens um halb 10 Uhr bin ich nach einem Frühstück halbwegs fit um heimzufahren. Mit reichem Gepäck reise ich. Der Pilzkorb ist randvoll frischer Märzelleringe, getrocknet stecken sie in einem Beutel, 5 Gläser sauer und in Öl eingelegte Ware habe ich bekommen und als Krönung eine Tontöpfchen voll Lachscreme, die hat Marianne extra für mich gefertigt. Nach 16 Uhr bin ich daheim. Zum Essen brauche ich nichts, aber ein paar Stunden Schlaf.